Bodelschwinghstraße für Verkehr freigegeben

| Bielefeld (bi)

Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen und teilweisem Neuaufbau werden ab dem heutigen Donnerstag, 24. April, die Bodelschwinghstraße und voraussichtlich am Freitag, 25. April, die Selhausenstraße wieder für den Verkehr geöffnet. 

„Ich freue mich sehr, dass wir heute diese wichtige Achse über den Teutoburger Wald wieder freigeben können. Wir konnten unsere Zusage einhalten und den Bereich früher fertigstellen. Wir schaffen mit der Freigabe der Bodelschwinghstraße nun eine tatsächliche Entlastung für die Verkehrssituation rund um den Adenauerplatz und die Kreuzstraße“, erklärt Verkehrsdezernent Martin Adamski. „Nachdem die drei Bielefelder Bergstraßen – Bodelschwingh-, Selhausen- und Gräfinghagener Straße – zum Jahreswechsel 2023/2024 durch den langanhaltenden Regen beschädigt und in Abschnitten abgestürzt waren, standen wir vor der großen Herausforderung, gemeinsam mit Geologen und Baugrundgutachtern tragfähige Lösungen zu finden, wie diese Straßen schnellstmöglich und verkehrssicher wiederhergestellt werden können.“ 

Rückblick

Aufgrund der intensiven Regenereignisse zum Jahreswechsel 2023/2024 kam es an drei Stellen im Bielefelder Stadtgebiet zu Beschädigungen an öffentlichen Straßen – in der Bodelschwinghstraße, der Selhausenstraße und der Gräfinghagener Straße. Alle genannten Straßen liegen im Bereich von geologischen Störzonen (Verwerfungen der Bodenschichten). Geologen und Bau-grundgutachter untersuchten alle Havarie-Stellen. Auf der Basis der Messungen, Proben und Ergebnisse sowie in intensiver Abstimmung zwischen dem Amt für Verkehr und dem städtischen Umweltamt wurden Sanierungskonzepte für die betroffenen Bereiche erarbeitet. Olaf Lewald, Amtsleiter im Amt für Verkehr, bemerkt dazu: „Eine solche spezielle und komplexe Aufgabe hatten selbst langjährig im Amt für Verkehr tätige Ingenieure bisher noch nicht zu lösen. Man erwartet solche Aufgabenstellungen eher in südlicheren, gebirgigen Regionen.“

Zum Jahreswechsel 2023/2024 gab es in der Bodelschwinghstraße auf einer Länge von etwa dreißig Metern eine Bankett- und Böschungsrutschung. In der Selhausenstraße kam es auf einer Länge von etwa hundert Metern zu erheblichen Bankett- und Fahrbahnabsackungen. Die Gräfinghagener Straße wurde durch Böschungsrutschungen um etwa dreißig Meter talwärts verschoben. Alle Straßen mussten voll gesperrt werden. 

Bodelschwinghstraße

Nach dem Böschungsrutsch führte zunächst der Betreiber der Ferngasleitung, die Open Grid Deutschland, Sicherungsarbeiten an der Gasleitung durch. Diese Arbeiten erstreckten sich auf einer Länge von etwa 25 Metern auf der zur Böschung liegenden Fahrbahnseite. Anschließend wurden durch die Stadt Bielefeld zur weiteren Stabilisierung und zur dauerhaften Ableitung des im Untergrund anstehenden Wassers Sanierungsarbeiten durchgeführt. Es wurden Dränagen angelegt, die das Hangwasser ableiten und somit die Auswirkungen künftiger Regenereignisse reduzieren. Staunässe wird vermieden und die Gefahr des Abgleitens des Bodens auf den Muschelkalkschichten verringert. Durch die Ableitung des Hangwassers wird auch die Aufweichung von Böden im Untergrund reduziert. 

Seitens des Amtes für Verkehr wurde ein umfassendes Sanierungskonzept erstellt. Dieses sah zunächst einen vollständigen Neuaufbau der Straße neben und auf der Gasleitung vor. Als Bergsicherung war eine Spundwand vorgesehen. Es stellte sich jedoch heraus, dass innerhalb des geplanten Spundwandverlaufs eine nicht kartierte 110-Kilovolt-Starkstromleitung verläuft. Dadurch war der eigentliche Sanierungsplan nicht mehr umsetzbar. 

Alternativ wurde stattdessen die Errichtung einer hangseitigen dauerhaften Bohrpfahlwand vorgeschlagen, um die Straße zu stabilisieren und gegen Verschiebung zu sichern. Dazu wäre gegebenenfalls ein Austausch der alten Gasleitung in diesem Bereich durch einen neuzeitlichen Aufbau erforderlich gewesen. Dieser hätte zusätzliche Kosten in einer Größenordnung von etwa 2,5 Millionen Euro erfordert. 

Deshalb beauftragte das Amt für Verkehr den Bodengutachter (Firma PTM), die Option eines schichtweisen Wiederaufbaus des Straßenkörpers der Bodelschwinghstraße als Alternative zu einer kostenintensiven Bohrpfahlwand zu prüfen. Das Gutachten bestätigte die aus den bisherigen Dränage- und Stabilisierungsarbeiten resultierenden positiven Auswirkungen auf die Stabilität des Untergrundes und befürwortete deshalb einen konventionellen Schichtenaufbau des Fahrbahnkörpers. 

Diese Variante wurde nun erfolgreich realisiert. Es wurden in einzelnen Schichten Bewehrungslagen eingebracht, die für eine zusätzliche Stabilisierung sorgen. Auf eine seitliche Bohrpfahlwand konnte verzichtet und der Sanierungsaufwand durch diese vorgeschlagene Methode von 2,5 Millionen Euro auf 1,5 Millionen Euro gesenkt werden. Zur Sicherung und regelmäßigen Kontrolle ist eine dauerhafte messtechnische Beobachtung vorgesehen, um mögliche Bewegungen des Fahrbahnkörpers rechtzeitig zu erkennen und eventuell entgegensteuern zu können. 

Selhausenstraße 

In der Selhausenstraße kam es auf Höhe der Gebäude 109/111 auf einer Länge von etwa 100 Metern zu erheblichen Erdabsackungen und einem Teileinbruch der Fahrbahn. Die Straße wurde voll gesperrt. 

Nach ersten, fünf Meter tiefen Baugrundaufschlussbohrungen und nachfolgenden Rammkernsondierungen bis in zehn Meter Tiefe sowie begleitenden seismischen Untersuchungen wurde entschieden, die Straße hangseitig mit einem Bohrpfahlraster zu sichern und wiederaufzubauen.

Auf einer Länge von etwa achtzig Metern und einer Breite von 7,5 Metern wurde die Straße umfassend saniert. Dazu wurde der Straßenkörper auf acht Meter tiefen Betonsäulen neu aufgebaut. Zunächst erfolgte der Abbruch des bestehenden Straßenaufbaus bis einen Meter Tiefe und das Herstellen eines Arbeitsplanums mit Recyclingschotter. Anschließend wurden Spezialtiefbauarbeiten für das Bohrpfahlraster durchgeführt.

Im weiteren Verlauf wurden Schottertragschichten eingebracht, eine neue Asphaltfahrbahn und eine dauerhafte Amphibienschutzanlage einschließlich Tunnelanlagen hergestellt. 

Besondere Herausforderungen ergaben sich durch vorhandene Ver- und Entsorgungsleitungen sowie eine 110-Kilovolt-Leitung. 

Die Arbeiten an der Selhausenstraße konnten wie geplant und ohne größere Komplikationen durchgeführt werden. Die entstandenen Kosten liegen im Rahmen der ursprünglichen Kostenschätzung von 650.000 Euro.

Geologischer Hintergrund:
Die Schadensursache wird im Zusammentreffen mehrerer Komponenten gesehen:

  • lang anhaltende Niederschläge
  • vereinzelte Gipsadern im Untergrund: Es ist davon auszugehen, dass die Niederschläge zu einer Aufweichung der Gipsadern geführt haben und den Untergrund aufgeweicht haben. Der Unterbau der Straße ist in diese weichen Schichten abgesackt und führte zu Hohlraumbildungen unter der Fahrbahn.
  • Es handelt sich hier nicht um Böschungsrutschungen.

Gräfinghagener Straße

Die Gräfinghagener Straße ist seit Oktober 2024 für den landwirtschaftlichen Verkehr sowie Rad- und Fußverkehr wieder passierbar. Die Straße wurde zunächst mit einer Schotteroberfläche wiederhergestellt. Es wird nun etwa ein Jahr gewartet, bis sich der Bereich „gesetzt“ hat, bevor eine Asphaltdecke aufgebracht wird.