Maßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas
Durch die Schaffung offener Wasserflächen (z.B. Teiche, Becken, Brunnen, Rinnen) kann in hitzeanfälligen Stadtgebieten durch Verdunstung ein Abkühlungseffekt erzielt und gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit erhöht werden. Offene Wasserflächen können insbesondere am Tag die thermische Situation durch die Verdunstungskühlung verbessern. Die kühlende Wirkung ist umso stärker, je größer die Wasseroberfläche ist. Bei längeren Hitzeperioden kann sich die kühlende Wirkung in der Nacht unter Umständen umkehren, indem die Wasserflächen wärmer werden als die sie umgebenden Luftmassen. Jedoch wiegt die positive Kühlungswirkung durch die Verdunstungsprozesse in der Regel die Nachteile einer eventuellen Schwüle auf.
Durch den Austausch von komplett versiegelten Flächen durch teil- oder unversiegelte Oberflächenmaterialien (z.B. Rasengittersteine, Fugenpflaster, Sickerpflaster) kann das Stadtklima verbessert werden. Die wasserdurchlässigen Flächen erwärmen sich in der Regel weniger als dichte Befestigungen. Dadurch kann die Hitzebelastung bei kleinflächiger Entsiegelung kleinräumig bodennah, bei großflächiger Entsiegelung im Stadtraum nachweislich reduziert werden kann. Werden die Flächen begrünt, steigt durch die Verdunstungsprozesse außerdem die Luftfeuchtigkeit, wodurch sich das Mikroklima zusätzlich verbessert. Grundsätzlich gilt: je größer die entsiegelten Flächen, desto umfangreicher ist die vertikale Kühlungswirkung.
Im Sinne der Klimaanpassung ist eine möglichst hohe Albedo (Rückstrahlvermögen von Oberflächen) anzustreben, um die Aufheizung der Flächen zu minimieren. Eine Erhöhung der Rückstrahlung kann durch die Verwendung möglichst heller Materialien bei der Straßenraumgestaltung und durch einen hellen Anstrich exponierter (insbesondere südausgerichteten) Fassaden und Dachflächen erreicht werden.
Je höher das Rückstrahlvermögen der Oberflächen ist, desto mehr wird die einfallende Sonnenstrahlung von den Oberflächen reflektiert und desto geringer fällt die Erwärmung der Fläche und der sie umgebenden Luft aus. Die Erhöhung der Albedo beim Neubau oder im Rahmen der Instandhaltung oder Sanierung von Straßen, Plätzen und Gebäuden gilt als einer der effektivsten Wege, die Lufttemperatur zu senken. Durch den Einsatz hellerer Oberflächen kann die Temperatur im Umfeld erheblich gesenkt werden.
Durch eine planmäßige Begrünung geeigneter oder speziell vorgerichteter Fassaden mit Pflanzen kann ein Beitrag zur Reduzierung der Wärmeeinstrahlung und zur Verdunstungskühlung im Stadtraum geleistet werden. Der Schattenwurf der Vegetation und die Luftschicht zwischen der Hauswand und der Bepflanzung verringern die Wärmeaufnahme des Gebäudes. Dadurch kann der thermische Komfort sowohl im Gebäudeinneren als auch z.T. in den angrenzenden Freiräumen verbessert werden. Durch die verminderte Aufheizung der Gebäudehülle und durch die Verdunstungsleistung der Pflanzen erreichen Fassadenbegrünungen (insb. an West- und Südfassaden) einen spürbaren Kühlungseffekt. Im Straßenraum ist die Kühlungswirkung dagegen nur wenig zu spüren.
Durch technische und bauliche Maßnahmen (z.B. Dämmung, Beschattungselemente etc.) kann der (Heiz-) Energiebedarf sanierungsbedürftiger Gebäude verringert werden. In Innenräumen, in denen passive Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend angewendet werden können, kann die Wärmebelastung durch eine technische Gebäudekühlung reduziert werden.
Auch über eine klimasensible Anordnung der Räume innerhalb eines Gebäudes kann ein Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz geleistet werden. Innerhalb von Wohngebäuden sind Schlafräume, Kinderzimmer und Arbeitszimmer als besonders hitzeschutzbedürftig einzustufen. Sofern möglich sollten sensible Räume nach den Himmelsrichtungen zwischen Norden und Osten (N, NNO, NO, ONO und O) ausgerichtet und damit nicht dauerhaft einer unmittelbaren Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden.
Es ist vorteilhaft, Verschattungselemente (z.B. Jalousien, Rollläden, Markisen) außen vor den Fenstern anzubringen, um das Auftreffen der Sonnenstrahlung direkt auf das Fensterglas und das Eindringen in die Innenräume möglichst effektiv gering zu halten.
In zahlreichen Innenhöfen in Bielefeld bietet sich die Möglichkeit, in Verbindung mit einer Entsiegelung von Flächen, durch eine Begrünung sowie durch die gezielte Beschattung sonnenexponierter Freiräume und Gebäudehüllen mit Bäumen, Fassadengrün oder bautechnischen Maßnahmen das Mikroklima innerhalb des Baublockes zu verbessern. Maßnahmen zur Beschattung der Freiräume im Hofinnern erzeugen besonders am Tag eine hohe Wirkung während eine Begrünung von versiegelten Flächen und die Beschattung von Gebäudefassaden vor allem nachts die thermische Situation im Gebäudeinneren verbessert. Die Wirksamkeit einer Innenhofbegrünung ist stark abhängig vom Umfang sowie von der Art bzw. der Kombination unterschiedlicher Maßnahmen.
Damit innerstädtische Grün- und Freiflächen ihr Potenzial an klimaökologischen Dienstleistungen sowohl für die Tag- als auch für die Nachtsituation umfänglich ausschöpfen können, sollten sie möglichst vielfältige Mikro-/Bioklimate bereitstellen. Als Leitbild für die Ausgestaltung eines entsprechend optimierten Parks kann der erweiterte „Savannentyp“ dienen. Er besteht zu einem großen Anteil aus gut mit Wasser versorgten Rasenflächen und kleinen Baum- und Buschgruppen, die mit offenen multifunktionalen Wasserflächen (z.B. Wasserspielplatz und Retentionsraum für Starkregenereignisse), beschatteten Wegen und Sitzgelegenheiten angereichert sind.
Über eine optimale Ausrichtung der Gebäude oder über die Öffnung von Gebäudefassaden können vorhandene Kaltluftströme effektiv genutzt werden, sodass ein Quartier, aber auch die umliegende Bebauung von den Kaltluftabflüssen profitieren kann.
In Bereichen ohne relevante nächtliche Kaltluftströme sind Gebäude und Gebäudefassaden dergestalt anzuordnen bzw. zu öffnen, dass die Durchlüftung durch den vorherrschenden übergeordneten Wind gewährleistet ist.
Über die gewählte Bebauungsdichte lässt sich zudem der Grad der Beschattung, aber auch der Anteil an Grünflächen im Plangebiet steuern.
Um eine optimale Versorgung eines Quartiers und der umliegenden Bebauung zu gewährleisten, sollten die Gebäude parallel zur Fließrichtung der Kaltluft angeordnet sein und die maximale Gebäudehöhe so gewählt werden, dass die Kaltluftströmung nicht ausgebremst wird. Außerdem sollten ausreichend vegetationsbestimmte Freiflächen zwischen ihnen erhalten bleiben. Des Weiteren kann über die gewählte Bebauungsdichte auch der Grad der gegenseitigen Beschattung der Gebäude gesteuert werden.
In Stadtquartieren, die über wenig oder keine öffentlich zugänglichen Grünflächen verfügen, können Pocket Parks wohnungsnahe Erholungs- und Aufenthaltsflächen darstellen, in denen den Menschen die Gelegenheit zur Abkühlung in Hitzeperioden gegeben wird. Pocket Parks sind kleine öffentliche Grünflächen im innerstädtischen Raum. Sie werden vornehmlich auf ungenutzten oder brachliegenden Flächen oder in Baulücken errichtet. Ihre Ausstattung reicht von einfachen Pflanzenbeeten und Bänken unter Bäumen bis hin zu Gartenkunst mit hochwertiger Gestaltung. Ist auf der Fläche eine hohe Mikroklimavielfalt mit Pflanzen, Freiflächen und Wasserflächen vorhanden, bieten sie an heißen Sommertagen eine lokale Kühlinsel zum Abbau des thermischen Stresses.
Ein dichtes Netz aus Pocket Parks stellt die Nutzbarkeit durch alle jederzeit sicher. Sind die Pocket Parks so verteilt, dass sie zu der Vernetzung größerer Grünflächen beitragen, kann ihre bioklimatische Wirkung verstärkt werden. Die Pocket Parks dienen in erster Linie der klimatischen Verbesserung vor Ort.
Vor allem in den thermisch belasteten und mit Grünflächen unterversorgten Wohngebieten ist eine Verbesserung der Vernetzung und die Erhöhung der Zugänglichkeit von Wald- und Grünflächen anzustreben, um eine bessere Kaltluftversorgung in der Nacht sowie eine gute und einfache Erreichbarkeit von klimatischen Entlastungsräumen tagsüber zu gewährleisten. Dies kann zum einen durch die Anlage neuer Grünflächen erfolgen. Zum Teil kann aber auch schon eine verbesserte verkehrliche Anbindung der Quartiere an größere und kleine Parkanlagen ausreichend sein. Hierzu gehören vor allem die Beseitigung oder Erleichterung der Querbarkeit von baulichen oder natürlichen Barrieren (Fließgewässer, Gleise oder stark befahrene Straßen)
Durch die Einrichtung innerstädtischer Befeuchtungsanlagen wie Springbrunnen, Wasserspiele, Wasserspielplätze oder Wasserzerstäuber, unter denen man auch in normaler Kleidung laufen kann, kann die aufgeheizte Luft bei Hitze gekühlt werden. Bewegtes Wasser in Brunnen oder Zerstäubern trägt in größerem Maße zur Verdunstungskühlung bei als stehende Wasserflächen, da die verdunstungsfähige Oberfläche bei der Bewegung vergrößert wird. Lokal lassen sich dadurch spürbare Abkühlungsraten erreichen. Eine weitere abkühlende Wirkung kommt durch die direkte Berührung mit dem Wasser zustande.
Durch eine Begrünung der Dächer von bestehenden oder neuen Gebäuden und (Tief-)Garagen/Carportanlagen kann das Lokalklima im Bielefelder Stadtgebiet verbessert werden. Je nach Bepflanzung und Schichtdicke wird zwischen Intensiv- und Extensivbegrünung unterschieden. Besonders bei einer intensiven Begrünung wird die Aufheizung der Dachhülle verringert und die Luft durch Verdunstung gekühlt. Gleichzeitig isolieren Gründächer, wodurch sie eine kühlende Funktion bei Hitze erfüllen und eine wärmedämmende Wirkung im Winter haben. Die Kühlungswirkung beschränkt sich dabei auf das Innenraumklima in den Dachgeschossen sowie auf die Luftmassen oberhalb des Daches. Intensive Gründächer, die begangen werden können bilden somit eine thermische Komfortzone. Allerdings wirkt sich eine einzelne Dachbegrünung nicht auf das Mikroklima der Umgebung aus. Nur durch die Begrünung vieler Dächer kann ein signifikanter Kühlungseffekt auf Block- und Stadtteilebene erzielt werden. Auch die Bewässerung des Gründaches hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme: bei einer Austrocknung der Vegetation bleiben die Kühlungseffekte aus.