Haushalt der Stadt Bielefeld – Steuern und Investitionen
Unter dem Thema "Haushalt der Stadt Bielefeld - Steuern und Investitionen" kamen Oberbürgermeister Pit Clausen und der Stadtkämmerer Rainer Kaschel Fragen mit etwa 40 teilnehmenden Bielefelder*innen ins Gespräch.
Viele Teilnehmenden hatten im Vorfeld Fragen zum Thema Finanzen eingereicht. Für spontane Anliegen gab es darüber hinaus die Möglichkeit, Fragen entweder persönlich zu stellen oder auf Dialogkarten zu notieren. Aus den Fragen ergab sich ein sachlicher Dialog rund um die Einnahmen und Ausgaben sowie den Haushalt der Stadt. Trotz der Vielfalt an Themen war es möglich über bestimmte Themen, wie beispielsweise die Grundsteuer, tiefergehende Informationen zu erhalten.
Die vorab eingereichten Fragen sowie die Fragen, die während der Veranstaltung gestellt wurden, werden derzeit aufbereitet und sukzessiv beantwortet. Wir bitten um Verständnis, wenn die Beantwortung einzelner Fragen etwas Zeit in Anspruch nimmt. Diese Übersicht ist aktuell noch nicht vollständig!
Nachfolgend finden Sie die Antworten nach den unterschiedlichen Themengebieten aufbereitet:
Wann gibt es eine verbindliche Aussage dazu, wie hoch der Hebesatz wird?
Der Rat der Stadt Bielefeld hat am 19. Dezember 2024 den neuen Hebesatz beschlossen. Der Beschluss ist hier einsehbar.
Die Steuereinnahmen reichen, also warum werden die Abgaben erhöht (Grundsteuer)?
Die Grundsteuer zählt für die Kommunen zu den wichtigsten Einnahmequellen. Trotz der schwierigen Haushaltslage soll auch in Bielefeld die Grundsteuerreform insgesamt „aufkommensneutral“ umgesetzt werden. Das bedeutet, der Hebesatz soll nur soweit verändert werden, wie dies rechnerisch insgesamt erforderlich sein wird, um das bisher im Rahmen der Haushaltsplanung für 2025 vorgesehene Grundsteueraufkommen - rd. 81,7 Mio. EUR Grundsteuer B, rd. 310.000 EUR Grundsteuer A - als Gesamtbetrag auch weiterhin zu erreichen. Für die einzelne Grundstückseigentümerin bzw. den einzelnen -eigentümer können sich jedoch Veränderungen ergeben.
Wie viel nimmt die Stadt Bielefeld wodurch ein? Welche weiteren Gelder bekommt sie? Wofür gibt die Stadt wie viel Geld aus? Ich wünsche mir einen Überblick.
Der aktuelle Haushaltsplan 2024 weist Erträge von insgesamt rd. 1,7 Mrd. EUR aus. Diese teilen sich wie folgt auf:
Steuern und ähnliche Abgaben (z.B. Gewerbesteuer, Grundsteuer) |
636,6 Mio. EUR (38,5 %) |
Zuwendungen und allg. Umlagen (z.B. Schlüsselzuweisungen vom Land) |
496,9 Mio. EUR (30,0 %) |
Kostenerstattungen und Kostenumlagen (z.B. anteilige Erstattung im Rahmen Kosten der Unterkunft) |
210,2 Mio. EUR (12,7 %) |
Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte (z.B. Benutzungsgebühren im Bereich Ver- und Entsorgung, Straßenreinigung, Friedhofswesen, Rettungsdienst) |
208,9 Mio. EUR (12,6 %) |
Sonstige ordentliche Erträge (z.B. Verwarnungs- und Bußgelder) |
64,8 Mio. EUR (3,9 %) |
Finanzerträge |
17,8 Mio. EUR (1,1 %) |
Sonstige Transfererträge (z.B. Ersatz von Sozial- und Jugendhilfeleistungen durch übergeleitete Unterhaltsansprüche) |
12,3 Mio. EUR (0,7 %) |
Privatrechtliche Leistungsentgelte (z.B. Teilnehmerentgelte der VHS) |
5,6 Mio. EUR (0,3 %) |
Aktivierte Eigenleistungen |
1,5 Mio. EUR (0,1 %) |
Die Aufwendungen belaufen sich insg. auf rd. 1,8 Mrd. EUR, davon
Transferaufwendungen (z.B. Wirtschaftliche Jugendhilfe, Grundsicherung im Alter bzw. bei Erwerbsminderung; Zuweisung an Bühnen und Orchester, Zuwendung an moBiel (ÖPNV)) |
860,8 Mio. EUR (48,3 %) |
Personalaufwendungen |
324,0 Mio. EUR (18,2 %) |
Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen (z.B. Unterhaltung der Grünanlagen, Unterhaltung kommunaler Straßen, Wege, Plätze) |
299,5 Mio. EUR (16,8 %) |
Sonstige ordentliche Aufwendungen (z.B. ISB-Mieten) |
172,3 Mio. EUR (9,7 %) |
Versorgungsaufwendungen |
60,9 Mio. EUR (3,4 %) |
Bilanzielle Abschreibungen |
48,7 Mio. EUR (2,7 %) |
Zinsen und sonst. Finanzaufwendungen |
14,7 Mio. EUR (0,8 %) |
Wieso wird immer noch gespart, obwohl alles kaputtgespart wurde?!
Im Zeitraum 2002 bis 2020 war die Stadt Bielefeld in der Haushaltssicherung, d.h. an restriktive Sparmaßgaben gebunden mit dem Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt darstellen zu können. Dies ist 2020 gelungen und führte zu einer Entlassung aus der Haushaltssicherung. In vielen Bereichen, sei es im sozialen, im kulturellen, im bildungs- und umwelttechnischen, im verkehrlichen Bereich, konnten danach Maßnahmen ermöglicht werden. Nun sieht der Finanzhimmel für die Zukunft allerdings schon wieder ziemlich düster aus. Mit Müh‘ und Not wird es gelingen, für den Doppelhaushalt 2025/2026 ein mögliches erneutes Abgleiten in die Haushaltssicherung zu verhindern. Um diesen Zustand zu halten und Handlungsspielräume weiterhin zu ermöglichen, werden Einsparungen in den kommenden Jahren erforderlich sein.
Ich mache mir Gedanken zu unserem Haushalt. Welche Schulden stehen den Einnahmen der Stadt gegenüber?
Zum 31. Dezember 2023 betrug der Schuldenstand der Stadt Bielefeld insgesamt rd. 722,8 Mio. EUR. Davon entfielen rd. 551,2 Mio. EUR auf Investitionskredite für den Kernhaushalt und die eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen, rd. 84,1 Mio. EUR für Kredite zur Konzernfinanzierung und rd. 87,5 Mio. EUR auf Liquiditätskredite.
Wie möchte die Stadt im nächsten Jahr sparen?
In verschiedenen Bereichen werden Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die geplanten Jahresergebnisse erreichen zu können. Neben Einsparungen werden möglichst auch Mehreinnahmen, z.B. Fördergelder, generiert werden müssen. Während des Anzeigeverfahrens bei der Bezirksregierung und bis zur sich anschließenden Veröffentlichung der Haushaltssatzung für den Doppelhaushalt 2025/2026 gilt die vorläufige Haushaltsführung. In dieser Zeit darf die Gemeinde ohnehin nur Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Hierdurch ergibt sich ein gewisser – vorläufiger – Einspareffekt. Im Anschluss an diese Phase besteht die Möglichkeit, dass der Stadtkämmerer eine haushaltswirtschaftliche Sperre aus-spricht. Die Inanspruchnahme von Aufwendungs- bzw. Auszahlungsermächtigungen und Verpflichtungsermächtigungen würden dann in erforderlichem Umfang gesperrt. Eventuell ergeben sich aber auch Einsparpotenziale im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung. Über den konkreten Weg wird die Verwaltung Anfang des kommenden Jahres entscheiden.
Einige Maßnahmen wurden bereits für den Doppelhaushalt 2025/2026 eingeplant. So wurden beispielsweise Zinsaufwendungen für Kredite in Anpassung an die Bedarfe und aktuellen Zinsentwicklungen neu kalkuliert, die Abschreibungsdauer für die Bilanzierungshilfe nach dem NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz von 30 auf 50 Jahre erweitert, Stelleneinsparungen mit einem Volumen von 1,1 Mio. EUR eingeplant und Haushaltsansätze, bei denen in der Vergangenheit mehr Mittel eingeplant als tat-sächlich benötigt wurden, reduziert.
Wie viel nimmt die Stadt an Steuern durch Gewerbe ein und wie wird mit diesem Geld gehaushaltet bzw. für was wird es ausgegeben?
Für 2024 beträgt der Ansatz für Gewerbesteuern 301,9 Mio. EUR, für 2025 310,6 Mio. EUR. Steuern dienen der Finanzierung der Kommune insgesamt und sind nicht an einen bestimmten Ausgabezweck gebunden. Die Aufwendungen der Stadt Bielefeld sind oben dargestellt.
Wie viel Prozent des Haushalts wird in Kultur- und Jugendförderung gesteckt?
1. Kulturförderung
Im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2025 sind für den Bereich Kultur und Wissenschaft Aufwendungen in Höhe von rd. 57,0 Mio. € brutto vorgesehen. Das ent-spricht einem Anteil von rd. 3,1 % an den Gesamtaufwendungen des Haushaltes 2025 (1.861,7 Mio. €). Der Bereich der Kultur und Wissenschaft umfasst u. a. die Bereiche Kommunale Kulturveranstaltungen, Kulturförderung, Rudolf-Oetker-Halle, Volkshochschule, Musik- und Kunstschule, Stadtbibliothek, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek, Historisches Museum, Naturkunde-Museum, Zuschuss Kunsthalle, Zuschuss an Bühnen und Orchester sowie das Museum Hülsmann.
Von diesen Mitteln entfallen im Haushalt 2025 rd. 1,7 Mio. € auf den Bereich der Kulturförderung. Gemessen an den Gesamtaufwendungen des Haushaltes 2025 entspricht das einem Anteil von rd. 0,1 %.
2. Jugendförderung
Für das Haushaltsjahr 2025 hat das Jugendamt für den Bereich „Kinder, Jugend- und Familienhilfe“ einen Mittelbedarf von ca. 369,8 Mio. € brutto eingeplant. Gemessen an den Gesamtaufwendungen des Haushaltes 2025 (1.861,7 Mio. €) sind das ca. 19,9 %. Das Jugendamt unterstützt und fördert mit diesen Mitteln Kinder, Jugendliche und deren Familien in vielfältiger Weise.
Von den im Haushalt 2025 veranschlagten Mitteln in Höhe von insgesamt 369,8 Mio. € entfällt ein Teilbetrag in Höhe von rd. 8,4 Mio. € auf die Förderung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (Häuser der offenen Tür, Stadtteileinrichtungen) einschließlich der Jugendverbandsarbeit. Gemessen an den Gesamtaufwendungen des Haushaltes 2025 entspricht das einem Anteil in Höhe von rd. 0,4 %.
Wie lassen sich die Klimaziele mit dem Haushaltsloch vereinbaren?
Die Politik entscheidet, wofür die Mittel des städtischen Haushalts ausgegeben werden. Um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, wurden bereits finanzielle Ressourcen bereitgestellt. Anfang Dezember wurden beispielsweise in den Haushaltsabschlussberatungen des Finanz- und Personalausschusses Mittel für die Umsetzung des Aktionsplans der Stadtverwaltung „Bielefeld Klimaneutral 2030“ gebilligt.
Wird es weiterhin eine Förderung der kulturellen Angebote in der Stadt geben oder wird dort finanziell gekürzt werden?
Ja, es wird weiterhin eine Förderung geben und diese ohne Kürzung, sofern der Rat der Stadt Bielefeld den Doppelhaushalt 2025/2026 in der vorgesehenen Fassung beschließt. (Stand: 12. Dezember 2024)
Wie kann die Stadt Millionen für die Wissenswerkstadt ausgeben? Wäre es nicht sinnvoller, mit diesem Geld – selbst wenn es nur 20 Bürger betrifft – Häuser zu finanzieren?
Im Juli 2017 hat der Rat der Stadt Bielefeld den Oberbürgermeister beauftragt, mit Bielefeld Marketing ein Betreiberkonzept für das Haus der Wissenschaft zu erarbeiten. Es handelte sich um eine der Handlungsempfehlungen aus dem zuvor entwickelten Strategiekonzept „Wissenschaftsstadt Bielefeld“. Es ist viel Geld in das Projekt „Wissenswerkstadt“ geflossen und es wurde auch im politischen Raum viel darüber diskutiert. Letztendlich hat eine politische Mehrheit die Umsetzung dieses Projekts unterstützt. Mit der Wissenswerkstadt hat Bielefeld einen Platz für Ausstellungen, Bühnenshows, Experimentierflächen, Werkstätten, Seminarräume, Gruppenarbeitsplätze und vieles mehr gewonnen.
Warum werden Schüler auf weiterführenden Schulen zwangsweise mit Tablets ausgestattet, wenn sie vorher schon eigeninitiativ angeschafft wurden?
Der Rat der Stadt hat in seiner abschließenden Entscheidung über den Haushalt 2023 eine 1:1-Ausstattung für alle Schülerinnen und Schüler mit digitalen Endgeräten in den allgemeinbildenden Schulen in städt. Trägerschaft beschlossen.
Hintergrund ist zum einen, dass die aktuelle Rechtslage eine Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten über eine freiwillige Elternbeteiligung nur dann ermöglicht, wenn sich alle Eltern einer Klasse für diese Ausstattung und deren Finanzierung freiwillig entscheiden. Dass sich alle Eltern hier bereit erklären ist relativ unwahrscheinlich. Sollte es dennoch gelingen, fallen diese Endgeräte dann unter die rechtliche Definition der Persönlichen Ausstattung nach § 41 Absatz 1 des Schulgesetz NRW. Hierzu hat das Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW auch bestätigt, dass gegen eine freiwillige Finanzierung der Eltern keine rechtlichen Bedenken bestehen. Dies kann grundsätzlich im Wege des Bring-Your-Own-Device (BYOD) vorgenommen werden. BYOD beschreibt im Bildungsbereich ein Konzept, in dem Endgeräte, die in den Haushalten der Familien bereits privat vorhanden sind, mitgebracht und im pädagogischen Netz der Schulen genutzt werden können.
Auch wenn grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dieses Konzept in den Schulen umzusetzen, so bestehen dennoch gegen BYOD diverse Vorbehalte und hier insbesondere datenschutzrechtliche Fragestellungen, die weder bundes- noch landesweit geklärt sind. Es müssen auch Aspekte des Digital Inequality Gaps (Digitale Kluft) zwischen den Lernenden betrachtet werden, da sich längst nicht jeder Elternhaushalt eine solche Ausstattung leisten kann.
Ferner wird durch die Heterogenität der Betriebssysteme und die unterschiedlichen Hardwarekonfigurationen im Konzept des BYOD das technisch schwächste Endgerät das Lerntempo einer Klasse vorgeben. Gleichzeitig stellt BYOD bei der Betrachtung der gegenwärtigen Softwarelösungen ein weiteres Hindernis dar. Diese sind oft nicht browserbasiert und teilweise nur für spezifische Betriebssysteme vorgesehen. Bei einer Umsetzung wären all diese Aspekte zwingend zu berücksichtigen, weshalb ein BYOD-Konzept für allgemeinbildende Schulen momentan als nicht zielführend einzustufen ist. Insbesondere die Heterogenität der Endgeräte, die indirekte Verstärkung der sozialen Ungleichheit aufgrund des Digital Inequality Gaps stellt Schulen, Lehrkräfte und Eltern vor diverse Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund werden alle Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in städt. Trägerschaft sukzessive mit Leihgeräten des Schulträgers ausgestattet, um eine kontinuierliche, einheitliche und verwaltbare Ausstattung in den Schulen zu gewährleisten.
Wird ausreichend in den Katastrophenschutz investiert?
Unter dem Stichwort Katastrophenschutz sollte der Bevölkerungsschutz insgesamt mit den Teilaufgaben Zivilschutz und Katastrophenschutz betrachtet werden.
- Im Katastrophenschutz wurden Naturkatastrophen und ähnliche Ereignisse lange Zeit als eher seltene Ausnahmesituationen und weitgehend beherrschbar betrachtet. Aktivitäten von Bund und Land beschränkten sich auf die punktuelle finanzielle Unterstützung bei der Fahrzeugmodernisierung, bei Übungen sowie bei der Aufstellung von Konzepten.
- Im Zivilschutz wurden die Strukturen und Kapazitäten in den vergangenen ca. 35 Jahren kontinuierlich zurückgefahren (Ende des Kalten Krieges, keine ernsthafte militärische Bedrohungslage mehr).
Diese Ausgangslage hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert.
Katastrophenschutz
Durch sich häufende Ereignisse insbes. im Zuge des Klimawandels (Überschwemmungen durch Hochwasser und Starkregen, Hitze- und Trockenheitsperioden, Wirbelstürme, etc.) ist zunehmend der Katastrophenschutz wieder in den Fokus gerückt; die Anforderungen an die Gefahrenabwehrbehörden sind gestiegen. Insbesondere das Hochwasser im Ahrtal im Juli 2021 hat einen umfassenden Diskussions- und Neuorientierungsprozess ausgelöst. Die etablierten Maßnahmen und Konzepte des Katastrophenschutzes (s.o.) werden den gestiegenen Anforderungen nur noch teilweise gerecht.
Zivilschutz
Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 hat die bereits als notwendig erkannte Stärkung des Zivilschutzes nochmals zusätzliche Dynamik erhalten. Seitdem sind diese Themen regelmäßig in den Medien präsent und wieder verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt.
- Der Stärkungsprozess betrifft grds. alle staatlichen Ebenen, steht aber insbesondere im Hinblick auf übergreifende Konzepte und die Finanzierung vielfältiger Maßnahmen noch am Anfang. Dabei ist der zwingende Zusammenhang von Investitionen, Strukturen und Personal zu beachten. Investitionsmittel allein helfen nicht weiter.
- Die Kommunen und Kreise als untere staatliche Ebene können in ihrer ohnehin äußerst angespannten finanziellen Lage diesen nationalen Herausforderungen allein nicht gerecht werden.
- Insbesondere von der kommunalen Ebene werden deshalb zur Umsetzung der erkannten Handlungsbedarfe Initiativen und Unterstützung seitens des Bundes und der Länder gefordert, sowohl konzeptionell wie insbesondere auch finanziell. Die „Zeitenwende“ würde deshalb analog zu den bereits eingeleiteten verteidigungspolitischen Maßnahmen (u. a. Sondervermögen Bundeswehr) auch ein entsprechendes, breit angelegtes Maßnahmenpaket zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes erfordern.
Welche Investitionen plant die Stadt Bielefeld im Bereich der frühkindlichen Bildung?
Investitionen im Sinne von „Mittelbereitstellungen für bauliche Verbesserungen in den Kitas“ nimmt die Stadt Bielefeld in ihren eigenen 42 städtischen Kitas vor. Hier werden unter Zuhilfenahme der sog. Bildungspauschale notwendige bauliche Maßnahmen durchgeführt, um die Betriebsfähigkeit der Kitas sicherzustellen.
Bezogen auf alle ca. 210 Kitas in Bielefeld liegt der Fokus der Stadt Bielefeld aber nicht auf der Investition in bauliche Maßnahmen, sondern auf der Mittelbereitstellung für diverse Maßnahmen, die in den Kitas den Kindern zugutekommen. Zu nennen sind hier z. B.
- die Bereitstellung von jährlich ca. 500.000 € für die zusätzliche Sprachförderung in den Kitas,
- die kommunale Bezuschussung der Arbeit in den Familienzentren mit jährlich ca. 250.000 €,
- die Bereitstellung von ca. 800.000 € im Jahr 2024 für die Bezuschussung von 40 Ausbildungsverhältnissen zur*zum Kinderpfleger*in oder
- die Bereitstellung von kommunalen Mitteln für Elternberatung/Elterntrainings, für das Programm „Kinder in Bewegung“ sowie für Maßnahmen zur Förderung der Mehrsprachigkeit in den Kitas.
Die Stadt Bielefeld muss einen Teil der Betriebskosten für die Kitas kraft Gesetzes selber zahlen. Darüber hinaus zahlt sie im Jahr 2024 aber nochmals ca. 8,5 Mio. € und im Jahr 2025 sogar ca. 10 Mio. € als sog. freiwillige Trägeranteilssubventionierung. Damit entlastet sie die Kita-Träger in erheblichem Maße. Diese freiwillige Subventionierung ist ein wichtiger Beitrag, um die gesetzlich vorgegebene Trägervielfalt zu erhalten sowie den Erhalt und den Ausbau von Kita-Plätzen sicherzustellen.
Warum wird nicht in Kitas und Pflegeeinrichtungen investiert, sondern sogar Einrichtungen geschlossen?
Die Stadt Bielefeld schließt keine Kitas. Im Gegenteil: In den vergangenen zehn Jahren sind mehr als 15 Kitas in Bielefeld neu entstanden. Und weitere ca. zehn Kitas sind noch in der Planung.
Pflegeeinrichtungen werden entweder von privaten Anbietern oder Anbietern der freien Wohlfahrtspflege geführt. Die Stadt darf in diesen Markt nicht eingreifen, solange der Markt ein ausreichendes Angebot zur Verfügung stellt. Wenn in der Vergangenheit Pflegeeinrichtungen schließen mussten, hat sich das Dezernat für Soziales und Integration um die Vermittlung der Pflegebedürftigen in alternative Standorte gekümmert.
Anhaltend hohe Personalausgaben, mit einem Anstieg von über 11 % im Jahr 2024 und Schaffung neuer Stellen trotz Haushaltsdefizits. Wie hoch ist die Notwendigkeit dieser Ausgaben? Warum keinen Einstellungsstopp in solch einer Situation?
Ja, es ist richtig, die Personalausgaben im Jahr 2024 sind deutlich angestiegen.
Woran lag das?
Zum einen lag das an den Ergebnissen der Tarifverhandlungen für die tariflich Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie den sich gesetzlich vorgegebenen Besoldungserhöhungen für die kommunalen Beamtinnen und Beamten. Diese Gehaltserhöhungen schlugen in 2024 mit insgesamt 23,3 Mio. EUR zu Buche. Die Stadt Bielefeld hat hier keinen Spielraum, sondern muss diese Tarif- bzw. Besoldungserhöhungen umsetzen.
Ein weiterer Grund für den Anstieg der Personalausgaben waren mit rund 8,2 Mio. EUR Ausgaben für erforderliches Mehrpersonal (167,4 Mehrstellen 2024). Das Mehrpersonal ist vor allem zur Erfüllung gesetzlicher Pflichtaufgaben oder aufgrund von Fallzahlsteigerungen erforderlich geworden.
Alle Anträge auf Mehrpersonal werden im Übrigen innerhalb der Stadtverwaltung streng geprüft, sowohl hinsichtlich Erforderlichkeit als auch auf alternative Aufgabenerledigung, z. B. durch Digitalisierung oder Standardsenkung. Außerdem sind die Ämter bei den Anträgen auf Mehrpersonal verpflichtet, Deckungsmöglichkeiten zu benennen. Dies können externe Refinanzierungen seien, z. B. Fördermittel oder intern durch Umschichtung von vorhandenen Planstellen
Wofür wurde Mehrpersonal erforderlich?
Die größte Anzahl an Mehrstellen mit insgesamt 46,4 erhielt das Jugendamt. Vor allem die KITAs sollen aufgrund der größeren Zahl zu betreuender Kinder mehr Fachpersonal erhalten. Aber auch die Anzahl Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in den städtischen Wohnheimen oder für die erzieherischen Hilfen muss aufgrund gestiegener Fallzahlen erhöht werden.
An zweiter Stelle stand die Personalverstärkung im Feuerwehramt mit 32,2 Mehrstellen. Davon dienen 29,5 der Umsetzung des Rettungsdienstbedarfsplans und des Brandschutzbedarfsplans. Das Mehrpersonal sorgt dafür, dass im Notfall – sei es nun ein Unfall oder ein Brandfall - die Feuerwehr rechtzeitig vor Ort ist und schnell die Rettungs- oder Löschmaßnahmen einleiten kann. Hier geht es also um Personal, dass Leib und Leben von den Bielefeldern Bürgerinnen und Bürger rettet bzw. schützt.
Zum Einstellungsstopp:
Ohne die Personalverstärkung von außen könnten z. B. bei der Feuerwehr die Brandschutz-, Rettungs- und Hilfeleistungseinsätze nicht mehr entsprechend der Vorgaben des Brandschutzbedarfsplans und des Rettungsdienstbedarfsplan erfüllt werden.
Bei den erwähnten städtischen Kitas müssten die Angebotszeiten stark eingeschränkt oder Gruppen größer gemacht oder zusammengelegt werden. Zu beachten ist hier auch, dass jedes Kind ab dem ersten Geburtstag in Deutschland einen gesetzlich geregelten Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte hat.
Ein Wort noch zur Altersstruktur der Beschäftigten:
In den nächsten 10 Jahren werden uns rund 2.000 Beschäftigte altersbedingt verlas-sen. Angesichts dieser hohen Zahl von Personalabgängen wurde die Zahl der Auszubildenden nochmals erhöht, weil vorrangig versucht wird, den Personalbedarf durch die Ausbildung eigener Nachwuchskräfte zu decken. Da die Ausbildungskapazitäten aber nur einen Teil des Personalbedarfs decken können, sind zur Schließung der Lücke auch zusätzlich externe Einstellungen erforderlich, wenn das Dienstleistungs- und Serviceangebot für die Bielefelder Bürgerinnen und Bürger aufrecht erhalten werden soll.
Wurden mehr Personalkosten für die Einbürgerungsstelle im Haushalt der Stadt Bielefeld 2025 angelegt?
Ja!
Im Haushaltsplan-Entwurf für 2025 sind 672.000 EUR für 11,2 Mehrstellen in der Einbürgerungsstelle vorgesehen. Von den 11,2 Mehrstellen sind 6 temporär explizit für den Abbau der Rückstände bei Einbürgerungsanträgen vorgesehen. 5 Planstellen werden dauerhaft eingerichtet. 3 Stellen wurden bereits in 2024 vorzeitig besetzt.
Hintergrund: Das neue Staatsangehörigkeitsrecht und die damit verbundene Fallzahlsteigerung auf jährlich mehr als 3.000 Einbürgerungsanträge hat eine Personalverstärkung erforderlich gemacht. Neben der Personalverstärkung wurde auch der Geschäftsprozess optimiert, u. a. sind nun Online-Anträge möglich. Durch den Einsatz von Mehrpersonal soll die aktuelle Bearbeitungszeit von ca. 2 Jahren deutlich reduziert werden.
Mitarbeiter in Behörden sollten mehr nach logischem Menschenverstand entscheiden dürfen und nicht nur nach Paragrafen.
Es wäre äußerst schlecht, wenn Mitarbeitende nicht ihren logischen Menschenverstand einsetzen würden. Nicht selten lässt der Gesetzgeber auch Ermessensspielräume zu. Wo es jedoch klare gesetzliche Regelungen ohne Ermessen gibt, sind die Mitarbeitenden verpflichtet, sich bei ihren Entscheidungen daran zu halten.
Welche Pläne gibt es für den Bürokratieabbau in der Bielefelder Verwaltung?
Möglichkeiten zur Verringerung der Vorschriften und bürokratischen Hürden
Der ganz überwiegende Teil der kommunalen Dienstleistungen beruht auf Landes- oder Bundesrecht, sodass die Stadt Bielefeld nicht über die Regelungskompetenz und damit über keinen direkten Einfluss verfügt. Bei den Dienstleistungen mit kommunaler Regelungskompetenz muss auf das richtige Maß an Vorgaben und Prüfschritten geachtet werden, um eine rechtmäßige und wirksame Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten. Eine laissez-faire Aufgabenwahrnehmung, ohne Überprüfung der Rechtmäßigkeit kann zu Lasten der Allgemeinheit gehen (Beispiel: unrechtmäßig gewährte Coronahilfen durch mangelnde Überprüfung der Anspruchsberechtigung).
Chancen der Verwaltungsdigitalisierung
1. Möglichkeiten zur Verbesserung der Servicequalität:
Bürokratieabbau bedeutet bei der Stadt Bielefeld gleichzeitig die Schaffung von digitalen Angeboten, um Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen einen leichten Zugang zu städtischen Verwaltungsdienstleistungen zu bieten.
Durch den Aufbau und kontinuierlichen Ausbau des Bielefelder Serviceportals sind 395 Dienstleistungen strukturiert aufgeführt, leicht auffindbar und verständlich beschrieben. Über 215 Dienstleistungen können online beatrangt werden. Oder es können in 110 Fällen Termine online vereinbart werden.
Übergeordnetes Ziel ist es, keine digitale Bürokratie aufzubauen. Bestehende analoge wie digitale Antragsformulare sind kritisch zu hinterfragen, um sie einfacher, kürzer und verständlicher zu machen.
2. Optimierung der internen Prozesse:
Durch die digitale Antragstellung in Kombination mit der Einführung der eAkte und eines Dokumentenmanagementsystems werden Prozesse schneller und effizienter, wenn keine Schriftstücke mehr physisch durch die Verwaltung gereicht werden müssen. Die Bearbeitungszeit und damit auch die Wartezeit für Kundinnen und Kunden verringert sich. Gleichzeitig können Personalressourcen besser und zielgerichteter eingesetzt werden.
Auch bietet die Automatisierung von Routineaufgaben eine Möglichkeit Verwaltungsaufwand für wiederkehrende Aufgaben zu verringern. Erste Tests werden aktuell vorgenommen.
3. Zusammenarbeit (Interoperabilität) zwischen Behörden:
Geplant ist, dass zukünftig bundesweit Daten und Nachweise von Bürgerinnen/Bürgern nur ein einziges Mal eingereicht werden müssen und Behörden die Daten und Nachweise untereinander zur Verfügung stellen, das sogenannte Once-Only Prinzip. Hierfür ist jedoch die Synchronisation aller Register bundesweit erforderlich. Die Rechtsgrundlage wurde durch das Registermodernisierungsgesetz bereits geschaffen. Die bundesweite Umsetzung dauert jedoch noch an.
Welche Strategie ist hinsichtlich der Digitalisierung in den Ämtern vorgesehen?
Die Stadt Bielefeld stellt sich ab 2025 zu den Themen der digitalen Transformation neu auf. Einen ersten Einblick in relevante Strategien und Konzepte bietet die Broschüre „Übersicht über städtische Strategien und Konzepte im Kontext der digitalen Transformation“. Diese wurde in der Sitzung des Digitalisierungsausschusses am 30. April 2024 vorgestellt und kann über das Ratsinformationssystem auf der Internetseite der Stadt Bielefeld abgerufen werden (direkter Link https://anwendungen.bielefeld.de/bi/getfile.asp?id=806639&type=do).
Organisatorisch wird die Neuausrichtung durch die Bündelung aller Digitalthemen in einem Amt und die Schaffung der neuen Rolle eines CDO (Chief Digital Officer) unterstützt. In 2025 soll ermittelt werden, welche weiteren Digitalisierungsstrategien es in den Fachämtern gibt (z. B. Digitalstrategie im Bereich Schule) bzw. welche entwickelt werden.