Bielefeld im Dialog am 10. Dezember 2024

Bildung & Sport in Bielefeld

Am 10. Dezember traten Oberbürgermeister Pit Clausen und Schuldezernent Dr. Udo Witthaus in den Dialog mit den Bielefelder*innen. Übergreifendes Thema des Abends war "Bildung und Sport in Bielefeld"

Der Abend gliederte sich in zwei Abschnitte: Zunächst stellten die Teilnehmenden Fragen, die vom Zustand der Schulen bis zur Bildungsgerechtigkeit reichten. Anschließend beantworteten der Oberbürgermeister und der Schuldezernent Fragen zur Sportinfrastruktur und zum sportlichen Engagement. Die Fragen wurden entweder persönlich oder anonym über sogenannte Dialogkarten gestellt.

Nachfolgend finden Sie die Antworten nach den unterschiedlichen Themengebieten aufbereitet. Hinweis: Einige Nachfragen betrafen bildungspolitische Themen des Landes und/oder des Bundes, diese werden hier nicht beantwortet.

Was macht die Stadt gegen den Lehrermangel?

Tatsächlich ist die Lehrerausbildung und auch die Einstellung eine Sache des Landes NRW, hier hat die Stadt Bielefeld keine Einflussmöglichkeiten. 

Wie wollen Sie sicherstellen, dass sowohl die Integration von Schülern*innen mit Migrationshintergrund als auch die Integration von Menschen mit Behinderung bei klammer Kasse funktionieren kann?

Die eine Lösung gibt es hier nicht. Daher versucht die Stadt, an vielen kleinen Stellschrauben zu drehen. Das sind beispielsweise kleinere Eingangsklassen für Schulen mit hohen bildungsrelevanten Belastungen, garantierter Einsatz von kommunaler Schulsozialarbeit, Einbindung von Schulen in das Startchancenprogramm von Bund und Land (rund 30 Schulen sind schon dabei) oder auch internationale Klassen für zugewanderte Schülerinnen und Schüler. Darüber hinaus gibt es im Rahmen der Schulentwicklungsplanung einen intensiven Austausch mit den Förderschulen. Die Ergebnisse werden demnächst veröffentlicht und dann politisch beraten.

Ist Bildungspolitik nicht mehr so wichtig?

Bildung ist und bleibt eines des wichtigsten (gesellschafts-)politischen Themen. Auf kommunaler Ebene kann man dies beispielsweise an den verschiedenen Schulentwicklungsplänen für Allgemeinbildende und Berufsbildende Schulen ablesen. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Lernreporte mit konkreten Handlungsempfehlungen, gute und zukunftsweisende Aktivitäten des städtischen Bildungsbüros oder auch die Auslobung von besonderen Projekten im Rahmen des Bielefelder Bildungsfonds. 

Wie kann der Zugang zu Förderung im Bildungsbereich erleichtert werden, beispielsweise bei Dyskalkulie oder Legasthenie?

Hier gibt es tatsächlich zahlreiche Programme an den verschiedenen Schulen. Auch kooperieren wir mit verschiedenen Stiftungen, um entsprechende Projekte in den Schulen realisieren zu können.

Wie kann man den Sprachunterricht von Migrant*innen in der Sprachschule unterstützen bzw. fördern, die die Deutsche Sprache nicht beherrschen und auch kein Englisch verstehen?

Bewährt hat sich hier in der Vergangenheit die Einrichtung internationaler Klassen. Darüber hinaus sollte auch herkunftssprachlicher Unterricht angeboten werden.

Angebote im OGS-Bereich werden immer mehr ausgedünnt. Was kann hiergegen getan werden? 

Auch wenn dieser Eindruck im Einzelfall entsteht: Tatsächlich hat Bielefeld mit fast 70% eine gute Versorgungsquote. Das war und ist möglich, dank einer Vielfalt der Träger, einem Ausbauprogramm für Räume und auch zusätzlichen kommunalen Mitteln für die Träger. Aber der Rechtsanspruch ist für die Kommunen absolut herausfordernd, weil vieles einfach noch unzureichend vom Land geregelt ist. Leider wurden beispielsweise noch keine Standards definiert. In Bielefeld versuchen wir diesem Defizit mit einer engen Absprache mit den Trägern entgegenzuwirken. 

In Bildungsdiskursen wird gefordert, möglichst viel Förderung und Leistungen in die Kitas und Grundschulen zu holen (Zahnarzt, Sport, Musik, Gesang, vorlesen), weil hier die Milieus noch am wenigsten separiert sind. Hat die Stadt dazu Aktionspläne? Wird das von Seiten der Stadt mit Geld und Arbeitszeit unterstützt? 

In enger Abstimmung bieten hier die unterschiedlichen Träger vielfältige Angebote an. Letztlich wird das Programm dann individuell durch die Schulen, beispielsweise mit Vereinen, Künstler*innen oder auch der Musik- und Kunstschule, vereinbart. 

Warum kann ich die Schule für meine Kinder nicht frei wählen?

Grundsätzlich ist dies möglich, allerdings setzen die Aufnahmekapazitäten hier Grenzen. Das ganze Verfahren ist tatsächlich sehr komplex und nicht allein vom Elternwillen abhängig. Zurzeit besuchen in Bielefeld rund 25 Prozent aller Schüler*innen nicht die nächste Schule zum Wohnort.

Wie (weitsichtig) plant Politik unser Schulsystem? (Beispiel: Großes Neubaugebiet in Theesen, aber keine Grundschulerweiterung erfolgt)

Sobald in Bebauungsplanverfahren – zum Beispiel für neue Wohngebiete – der sogenannte Aufstellungsbeschluss gefasst wird, gehen die Daten in unsere Planungen ein. Allerdings zieht nicht jeder Beschluss eine zeitnahe Bebauung nach sich, daher müssen die Entwicklungen ständig beobachtet werden. Aber grundsätzlich sind dies unsere Planungsdaten. Zurzeit sind daher 10 Züge in der Erweiterung, wobei wir außerdem die OGS-Bedarfe abdecken müssen.

Wann gibt es Erweiterungen der Gymnasien (z.B. Gymnasium am Waldhof)? Geburtenrate und -zahlen sind bereits weit vor Schulbeginn bekannt. 

Ja, das stimmt – dies fließt grundsätzlich auch in unsere Planungen ein. Daher befinden sich momentan über 90 Schulbaumaßnahmen im städtischen Bauprogramm. Darunter auch der Aus- bzw. Neubau für das Gymnasium Waldhof. In den Medien konnte jedoch gerade bei diesem Beispiel gut verfolgt werden, welche – manchmal unerwarteten – Entwicklungen die Planungsprozesse beeinflussen können. 

Wenn sich die Situation verändert, muss die Stadt Bielefeld schnell handeln (z. B. Schulplätze).

Grundsätzlich sollte es möglich sein, kurzfristig Mehrklassen zu bilden. Sollte aus einer vorübergehenden Situation jedoch ein Dauerzustand werden, muss auch über dauerhafte Lösungen – in diesem Fall möglicherweise die Erhöhung der Zügigkeit von Schulen – nachgedacht werden. Grundsätzlich beobachten die Expert*innen bei der Stadt Bielefeld diese unterschiedlichen Entwicklungen dauerhaft.

Warum ist der Prozess der digitalen Ausstattung an Schulen so schleppend?

Hier ist in den vergangenen Jahren sehr viel passiert, sodass „schleppend“ wirklich ein Einzelfall sein muss.  Allein in den letzten 3 Jahren haben wir flächendeckend für Glasfaseranschlüsse, funktionierendes WLAN und ausreichende Präsentationsflächen gesorgt. Bei der Ausstattung der Schulen mit IPads sind wir jedoch auf Gelder von Bund und Land angewiesen; hier stockt es – leider – gerade beim Digitalpakt 2.0.

Sind der OB und Herr Dr. Witthaus schon mal in den Kellerunterrichtsräumen des Gymnasiums am Waldhof gewesen? 

Es ist wichtig, sich nach Möglichkeit auch immer ein eigenes Bild zu machen. Und spätestens beim Blick in diese Räume wird deutlich, dass der Ausbau zwingend notwendig ist.

Ehrenamtliches Arbeiten ist für die Sportkultur unserer Stadt und eine sportpraktische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen unabdingbar. Idee: Jugendliche werden in der Schule über den Sportunterricht und Arbeitsgemeinschaften zur Arbeit im Ehrenamt flächendeckend und freiwillig informiert und ausgebildet.  

Es ist so: Ehrenamt ist das Fundament für den Sport. Allen, die sich ehrenamtlich engagieren, gehört mehr als ein großes Dankeschön. Die Stadt Bielefeld unterstützt daher beispielsweise auch die Vereine mit Zuschüssen für die Übungsleiter*innen. Das Helmholtz-Gymnasium als NRW Sportschule und die Marienschule haben gerade jüngst mitgeteilt, dass sie mit dem Stadtsportbund Bielefeld zusammen Übungsleiter*innen ausbilden werden. Die Idee wird gerne "mitgenommen".

Wie kann man dafür sorgen, dass es mehr Zugang zu (Sport-)Vereinsangeboten gibt?

Nicht nur aus Gesundheitsaspekten ist es wichtig, die Menschen für den (Vereins)Sport zu begeistern. Die Vereine sind aber auch gefordert, ihre Angebote den sich verändernden Nachfragen anzupassen. So konnten dank verschiedener Förderungen – auch über den Stadtsportbund Bielefeld – in den letzten Jahren auch Angebote gemacht werden, die keine Vereinsmitgliedschaft voraussetzen (z. B. Sport im Park, Quartiersspaziergänge). 
Wichtig ist, dass sich die Vereine weiter im OGS-Bereich engagieren und so bereits bei den Kleinen die Begeisterung für den Sport wecken. Und dies vielleicht auch bei Kindern, die sonst eher wenig Kontakt zum Vereinssport hätten. 
Ganz wunderbar ist das Angebot „Open Sunday“. Es lädt Kinder ein, in allen Bezirken in vielen Sporthallen kostenfrei Angebote zu Bewegung und Spiel zu nutzen. Vereine übernehmen hier die Patenschaft, die Stadt stellt die Räume zur Verfügung. Auch baut die Stadt Bielefeld seit vielen Jahren zunehmend Sportgelegenheiten, die von jedem frei genutzt werden können (z. B. Skateanlage auf dem Kesselbrink, DiscGolf am Obersee, Bewegungspark auf dem Johannisberg). Ein außergewöhnliches Angebot ist auch das Projekt „Sports4Kids“ des Oberbürgermeisters. Hier erhalten Vierjährige für ein Jahr eine kostenlose Mitgliedschaft im Sportverein und haben so die Gelegenheit, für sich den Sport zu entdecken

Was macht die Stadt Bielefeld, um Randsportarten zu stärken?

Randsportarten können sicher unterschiedlich definiert werden. Und dieser Blick über den Tellerrand ist wichtig. Die Stadt Bielefeld hat in den vergangenen Jahren durchaus einiges gefördert oder möglich gemacht, was nicht unbedingt zu den klassischen, populären Sportarten zählte. Beispielsweise das Kletterzentrum des Alpenvereins, die Rollschnelllaufbahn für Skater*innen in Heepen oder auch der Pumptrack, das Beachvolleyballfeld und 3x3 Basketball auf dem Gelände der Rochdale-Barracks. 

Kann man in Bielefeld Wassersportangebote schaffen? Die Bielefelder müssen für sowas mit dem Auto in die Region fahren, nachhaltig und umweltfreundlich ist das nicht gerade.

Schwierig: Offener Wassersport wird angesichts der Geografie in Bielefeld einfach nicht möglich sein. Dafür hat Bielefeld aber andere Vorzüge, zum Beispiel den Teutoburger Wald mitten durch und viele langgestreckte Grünzüge inmitten der Stadt. Da schauen viele Sportler*innen durchaus ein wenig neidisch in Richtung Bielefeld. Gerade auch für die Läufer*innen haben wir so bereits vor einigen Jahren die „Bielefelder Runden“ eingerichtet: kartierte Laufstrecken mit unterschiedlichen Schwierigkeiten, die von überall schnell zu erreichen sind. 

Es gibt Spielplätze, Sportgeräte für Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum. Ich vermisse so etwas für Menschen, die nicht fit genug oder zu groß für die bestehenden Angebote sind. 

Der öffentliche Raum wird immer wichtiger – für den Sport oder aber auch für Bewegung. Die Stadt Bielefeld ist dran und erste Projekte wurden bereits umgesetzt. So sind – nicht nur für Kinder! – beispielsweise einfach zu händelnde Geräte aufgebaut worden: im Ost-West-Grünzug in Sennestadt, Calisthenics auf dem Kesselbrink und am Freizeitzentrum Baumheide, Disc-Golf am Obersee oder auch die Bewegungswelt am Johannisberg. Im Rahmen der Fortschreibung der aktuellen Sportentwicklungsplanung befragen wir auch die Bielefelder*innen, was genau noch gefragt und vermisst wird.

Wieso werden städtische Sportangebote nicht ausgebaut? Insbesondere in strukturell benachteiligten Stadtteilen …

Dieser Ausbau findet kontinuierlich statt. So hat die Stadt Bielefeld in diesem Jahr Projekte in Sennestadt oder in der Sporthalle Hellingskamp abschließen können. Sports4Kids ist ein Angebot für alle jungen Bielefelder*innen, unterstützt aber insbesondere die Familien, bei denen möglicherweise das Geld etwas knapper ist. Und auch Open Sunday wird genau dort angeboten, wo die Bedingungen für Kinder schwierig sind.

Wie ist es um mehr innerstädtische Sportplätze und Begegnungsstätten bestellt?  

Im Rahmen der aktuellen Sportentwicklungsplanung werden die Bielefelder*innen ganz konkret nach ihren Wünschen gefragt. So können Bedarfe auf einer Stadtkarte genau verortet eingetragen werden. Darüber hinaus sind noch einmal 30.000 Bielefelder*innen genau zu diesem Thema angeschrieben worden. Auch sind die Vereine noch gesondert eingebunden worden. Mit den ersten Ergebnissen rechnen wir im Sommer des Jahres. Alle Anregungen werden auf ihre Realisierbarkeit geprüft. Doch klar ist auch: Nicht alle Wünsche können erfüllt werden. So kann es natürlich auch gerade im Innenstadtbereich an der Frage der zur Verfügung stehenden Flächen scheitern.

Einige Sportanlagen sind kaum nutzbar, weil sie über den Winter und im Sommer oft gesperrt sind. Sportvereine müssen teils ihr Angebot einstreichen bzw. interessierte Kinder und Jugendliche ablehnen.

In der Regel werden Anlagen nur gesperrt, wenn sie z.B. bei schlechten Witterungsbedingungen nicht bespielbar sind oder sich erholen (Rasen!) müssen. Kunstrasen ermöglicht meist eine ganzjährige Nutzung. Sollte dies im Einzelfall anders sein, prüft das Sportamt der Stadt Bielefeld das gerne.